Mit den Skiern vom Ötztal ins Pitztal schaukeln? Diese Idee gibt es schon lange. Die Skigebietsverbindung von Söldens Gletschern zum Pitztaler Gletscher ist seit Jahren im Gespräch, liegt aber schon seit geraumer Zeit auf Eis. Denn das Projekt ist umstritten – sowohl ökologisch als auch ökonomisch. In der vergangenen Woche übergab eine Bürgerinitiative der Landesregierung mehr als 168.000 Unterschriften gegen den Zusammenschluss der Gletscherskigebiete. Im Tiroler Landtag ist nun sogar ein fünfjähriges Verbot für jegliche Skigebietserweiterungen im Gespräch.
Worum geht es bei dem Projekt?
Bei dem inzwischen als „Tiroler Gletscher-Ehe“ bekannten Großprojekt geht es um die Verbindung von Ötztal und Pitztal und die damit einhergehende Skigebietserweiterung. An dem Zusammenschluss beteiligt wären das Ötztaler Skigebiet Sölden und das Pitztaler Gletscherskigebiet.
Für die Verbindung sollen drei neue Gondelbahnen sowie ein gemeinsames Seilbahnzentrum entstehen und rund 64 Hektar zusätzliche Pistenfläche erschlossen werden. Dafür müsste auf drei, bislang unberührten Gletschern gebaut werden.
Umweltschützer kritisieren vor allem den massiven Eingriff in die hochalpine Landschaft und die damit verbundene Zerstörung, welche 80 Meter hohe Seilbahnstützen, Speicherbecken und künstlich eingeebnete Gletschervorfelder verursachen würden. Aber auch die Wirtschaftlichkeit des Großprojekts steht in Frage.
Den größten Nutzen von dieser Erweiterung hätte wohl das Pitztaler Skigebiet, das im Vergleich zu Sölden doch deutlich kleiner ist. Allerdings müssten die Pitztaler Bergbahnen auch den Großteil der Projektkosten stemmen. In Sölden spekuliert man hingegen darauf, das eigene Pistenangebot erweitern zu können, ohne selbst hohe Investitionen tätigen zu müssen.
Gletscher-Ehe vor dem Aus
Das Thema Skigebietszusammenschluss ist nicht neu. Seit mehr als 10 Jahren ist die mögliche Verbindung der Pitztaler und Ötztaler Gletscher nun schon im Gespräch. Im Laufe der Jahre wurden dafür über 40 Gutachten erstellt. Doch das Projekt liegt seit Jahren auf Eis. Die mündliche Umweltverträglichkeitsprüfung (kurz UVP) sollte bereits Anfang 2020 stattfinden, wurde jedoch vertagt. Die UVP ist aktuell nur ruhend gestellt, aber noch nicht offiziell abgeschlossen. Denn einige Unterlagen entsprechen nicht mehr dem aktuellen Stand.
Walter Tschon, Tirols Landesumweltanwalt, glaubt allerdings nicht, dass der Zusammenschluss von Pitztal und Ötztal tatsächlich noch realisiert werde. Er halte solche Verbindungen für nicht mehr zukunftsfähig.
Während man auf Söldener Seite weiter überzeugt an dem Projekt festhält, ist man im Nachbartal zögerlicher. Die Pitztaler Bergbahnen hatten während der Corona-Pandemie um einen erneuten Aufschub gebeten. Sollte man sich im Pitztal gegen die Verbindung entscheiden, wäre das Projekt endgültig gescheitert.
>> Mehr Infos zum Pitztaler Gletscher
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Update: Das Projekt scheiterte im Juli 2022 an einer Volksbefragung im Pitztal. >> Zum Artikel
168.000 Unterschriften gegen das Projekt
In der Bevölkerung werden die Stimmen gegen das Projekt lauter. Mehr als 168.000 Unterschriften wurden am vergangenen Freitag, 22. April 2022 in Innsbruck auf einer 18 Meter langen Papierrolle an die Tiroler Landesregierung übergeben. Ins Leben gerufen worden war die Petition „Nein zur Gletscherverbauung Pitztal-Ötztal“ von der Bürgerinitiative Feldring, die von Gerd Estermann angeführt wird. Zu dem Protestmarsch vor der Übergabe versammelten sich rund 300 Teilnehmer.
Vorerst keine Skigebietserweiterungen mehr in Tirol?
Mit dem Thema Skigebietszusammenschluss wird sich im Mai auch der Tiroler Landtag auseinandersetzen. Verhandelt wird dabei über einen Antrag der Liste Fritz aus der Opposition. Diese fordert ein fünfjähriges Moratorium und damit einen vorläufigen Stopp für alle Erweiterungen und Zusammenschlüsse von Skigebieten in Tirol. Darüber hinaus strebt sie eine Neufassung des Tiroler Seilbahn- und Skigebietsprogrammes sowie eine „Festlegung fixer Endausbaugrenzen und einen absoluten Gletscherschutz“ an.
Eine solche „Nachdenkpause für Aufstiegshilfen“ gab es in Tirol bereits Anfang der 1990er Jahre unter ÖVP-Landeshauptmann Wendelin Weingartner. Die Pause dauert damals drei Jahre. Allerdings wurde im Anschluss daran so viel gebaut, wie nie zuvor.
Ob es das neue Moratorium tatsächlich geben wird, ist allerdings fraglich. Laut Ingrid Felipe (Die Grünen), Landeshauptmann-Stellvertreterin in Tirol, wäre es rechtlich nicht möglich ein solches Verbot durchzusetzen. Stattdessen verweist sie darauf, dass in den vergangenen Jahren ohnehin weniger Skiprojekte genehmigt worden seien.
Die fünfjährige Zwangspause würde nicht nur das Projekt im Pitztal und Ötztal betreffen. Auch in anderen Tiroler Skigebieten sind für die nächsten Jahre Erweiterungen in Planung. Dazu gehören unter anderem die Verbindung von Sillian und Sexten, Spieljoch und Hochzillertal sowie Nauders und Schöneben-Haideralm.
Was haltet ihr von einer fünfjährigen Pause für Zusammenschlüsse und Erweiterungen in den Tiroler Skigebieten? Verratet es uns in den Kommentaren!