Steigende Infektionszahlen, neue Risikogebiete und erneut strengere Corona-Maßnahmen sorgen aktuell wieder für mehr Unsicherheit. Trotzdem blickt die Wintersportbranche optimistisch in den Winter, wie sich bei einer jüngst durchgeführten Video-Konferenz zeigte. Mit gemeinsamen Hygienemaßnahmen und Sicherheitskonzepten soll die Wintersaison 2020/2021 auch in Corona-Zeiten stattfinden können – und dabei sogar neue Möglichkeiten bieten.
Wie bereits im Juli (wir berichteten) kamen Mitte September erneut zahlreiche Vertreter der Wintersportbranche zu einer Video-Konferenz der Initiative „Dein Winter. Dein Sport.“ zusammen, um sich über die besonderen Herausforderungen des bevorstehenden Winters auszutauschen. Unter den mehr als 100 Teilnehmern waren unter anderem die Verantwortlichen der deutschen Wintersportverbände Deutscher Skiverband (DSV), Deutscher Skilehrerverband (DSLV) und Snowboard Germany (SVD), Prof. Dr. Ralf Roth vom Institut für Outdoor-Sport und Umweltforschung der Deutschen Sporthochschule Köln sowie Vertreter verschiedener Tourismusdestinationen im Alpenraum und aus der Sportartikelindustrie. Wir haben für euch die wichtigsten Infos zusammengefasst.
(Eine Liste mit allen Rednern ist am Ende des Artikels aufgeführt)
Sommer besser als erwartet
Die Vertreter der Tourismusdestinationen aus dem Allgäu, Tirol, der Schweiz, Südtirol und Trentino blickten positiv auf den Sommer zurück. Nach dem Lockdown kam mit den ersten Lockerungen auch der Tourismus wieder in Fahrt. So liefen die Sommermonate ab Juni in den Alpenregionen ähnlich gut wie in den Vorjahren. In Tirol lagen die Zahlen der deutschen Gäste sogar leicht über dem Vorjahresniveau. Städte wie Zürich, Genf, Innsbruck oder Kufstein waren allerdings die Verlierer der Sommersaison, da es die Gäste hauptsächlich in die Natur der Bergwelt zog.
Geändert hat sich in diesem Jahr das Gästebild. Sowohl die Vertreter aus Südtirol und Trentino als auch Tirol und Allgäu berichteten vom Anstieg der einheimischen Gäste. Außerdem kamen vermehrt jüngere Urlauber, die sonst Fernreisen machen, in die Berge. Auch bei Familien war der Urlaub in den Bergregionen beliebter als in den Jahren zuvor. Die Anziehungskraft der Berge könnte deshalb auch im Winter für die neuen Gästegruppen interessanter werden. Zudem macht der Wegfall anderer Optionen wie Fern- oder Städtereisen die Berge als Urlaubsziel attraktiver. Das könnte dem Wintertourismus ebenfalls mehr Potenzial bieten, hofft Patricio Hetfleisch von der Tirol Werbung.
Auch die Sportartikelhersteller und der Fachhandel gehen zufrieden aus der Sommersaison. Neben der gestiegenen Nachfrage an Fitness-Ausrüstung geht der Trend vor allem Richtung Outdoor-Sport. Besonders bliebt ist gerade der Bike-Sport, aber auch Wandern oder NordicWalking erfreuen sich immer größerer Beliebtheit, bestätigen Frank Burig, Geschäftsführer der Franz Ziener GmbH, und Waltraud Lenhart, Geschäftsführerin von Leki. Seit dem Ende des Lockdowns zieht es die Menschen ins Freie und das Bedürfnis nach Bewegung in der Natur ist groß. Diese Tendenz lässt auch für den Winter hoffen.
Back to the Roots
Wie schon bei der letzten Podiumsdiskussion (wir berichteten) betonte Prof. Dr. Ralf Roth vom Institut für Outdoor-Sport der Deutschen Sporthochschule Köln erneut, dass der Wintersport an sich keine Risikosportart ist. Als Individualsport im Freien wird auf der Piste ganz automatisch der Mindestabstand eingehalten. „Unser Sport ist eine Abstandssportart“, erinnerte auch Peter Hennekes vom DSLV. Problematisch sind Orte mit Ansammlungen von Menschen, zum Beispiel auf den Hütten oder in den Bars beim Après Ski. Deshalb wird es in diesem Bereich wohl die größten Einschränkungen geben.
>> Update: Regierung verbietet Après-Ski in Österreich
Darin sehen einige der Redner aber nicht unbedingt einen Nachteil, sondern auch neue Chancen für den Wintersport. Wer nur auf Party und Après Ski aus ist, wird in diesem Jahr wahrscheinlich nicht auf seine Kosten kommen. Dafür wird in dieser Saison der Fokus wieder mehr auf dem Sport selbst liegen. Der Trend geht weg vom Party- und „Sauftourismus“ und „Back to the roots“ zurück zu den Wurzeln des Wintersports.
Es gibt keine Entschuldigungen mehr
Über all den Möglichkeiten liegt aber weiterhin eine gewisse Unsicherheit. Die Pandemie läuft dynamisch, weshalb die Skigebiete flexibel auf die sich verändernden Umstände reagieren müssen. Beim abrupten Ende der letzten Skisaison war die Situation mit dem Coronavirus noch völlig neu. Dementsprechend wenig vorbereitet waren die Skigebiete und Tourismusdestinationen auf den Umgang mit einer solchen Ausnahmesituation. Im nächsten Winter gebe es aber keine Entschuldigungen mehr, betonte nicht nur Hetfleisch von der Tirol Werbung. Jetzt gehe es darum, wieder das Vertrauen der Gäste zu gewinnen.
Was im Sommer schon gut funktioniert hat, wird im Winter jedoch schwieriger. Denn in der kalten Jahreszeit spielt sich deutlich mehr in den Innenräumen ab. Umso wichtiger ist es deshalb, Hygienekonzepte und Handlungsempfehlungen zu entwickeln, die eine sichere Ausübung des Wintersports ermöglichen – und das möglichst gemeinsam. Sport- und Tourismusverbände arbeiten darum im gegenseitigen Austausch an möglichst einheitlichen Konzepten zu Hygienemaßnahmen und Besucherlenkung.
>> Bereits veröffentlicht: Corona-Richtlinien für die 20 Skigebiete von Ski amadé
Die Covid-19-Taskforce
Deshalb haben sich der Deutsche Skiverband, der Deutsche Skilehrerverband und Snowboard Germany zu einer Covid-19-Taskforce zusammengeschlossen. Gemeinsam mit der Stiftung Sicherheit im Skisport (SIS) entwickeln die deutschen Wintersportverbände Leitlinien für Skischulen, Vereine und Veranstaltungen. Dazu wurden vorab Umfragen in den Verbänden und bei den Leistungsträgern durchgeführt.
Die erarbeiteten Handlungsempfehlungen und Studien-Ergebnisse werden auf der Plattform veröffentlicht und zum Download bereitgestellt. Bereits zur Verfügung stehen Empfehlungen für Skischulen und Lehrgänge, folgen sollen in den nächsten Tagen und Wochen noch Covid FIS-Regeln für Wintersportler, DSV-Nordic Zentren und Sportveranstaltungen.
>> Zu den Handlungsempfehlungen der Stiftung Sicherheit im Skisport
Schnee wird eine große Rolle spielen
Entscheidend für den nächsten Winter ist aber nicht nur die Entwicklung der Corona-Pandemie, sondern auch die Schneesicherheit, merkte Roth an. Wenn der Trend aufgrund der unsicheren Lage zu kurzfristigeren Buchungen geht, spielt das Wetter und die Schneelage eine noch entscheidendere Rolle. Auch die Alternativen zu Ski Alpin wie Langlaufen oder Skitouren sind auf entsprechende Schneeverhältnisse angewiesen.
Das Fazit der Runde war einstimmig. Es wird kein leichter Winter werden, Wintersportverbände, Tourismusdestinationen und Sportartikelhersteller blicken aber trotzdem optimistisch in die Zukunft. Denn der Wunsch und das Bedürfnis nach Sport und vor allem Outdoor-Sport ist groß. Mit Eigenverantwortung und entsprechenden Maßnahmen kann ein sicheres Ausüben des Wintersports möglich sein, darin waren sich die Experten einig.
Sprecher der Podiumsdiskussion: Stefan Schwarzbach (DSV), Prof. Hanns-Michael Hölz (Snowboard Germany), Peter Hennekes (DSLV), Prof. Dr. Ralf Roth (DSHS Köln); Hilmar Bolle (Rossignol/Dynastar/Lange), Waltraud Lenhard (Leki), Niko Lindauer (Intersport Deutschland), Thomas Syring (Thule), Frank Burig (Ziener); Bernhard Joachim (Allgäu GmbH), Patricio Hetfleisch (Tirol Werbung), Jörg-Peter Krebs (Schweiz Tourismus), Thomas Fill (IDM Südtirol), Mirta Valentini (Trentino Marketing)
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